Scham und Schreiben. Eine Frau schämt sich, derweil alle mit dem Finger auf sie zeigen.

Schreiben und Scham

Wenn du beim Schreiben Scham verspürst, kann ich dich beruhigen: Bei mir braucht sich kein Mensch zu schämen.

Keine Ahnung, woher sie kommt: die Scham, sich schriftlich an eine Texterin oder einen Texter mit der Bitte um Unterstützung zu wenden. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich sogar behauptet, das gäbe es gar nicht. Nur steht in manchen Mails, die ich bekomme sinngemäß etwas wie: “Verzeihen Sie bitte mögliche Fehler”, oder: “Ich kann mich leider nicht gut ausdrücken.” Deswegen habe ich beschlossen, dem Thema “Schreiben und Scham” einen Blog Beitrag zu widmen.

Schreiben und Scham – das glauben Menschen:

  • Ich mache zu viele Fehler
  • Ich kann mich überhaupt nicht ausdrücken
  • Ich weiß überhaupt nicht, wie man mit solchen Leuten spricht/schreibt
  • Ich habe Angst, mich lächerlich zu machen
  • Ich bin mir unsicher, ob das, was ich schreibe, überhaupt gut genug ist
  • Ich werde immer gleich so persönlich
  • Ich habe Angst, falsch verstanden zu werden

Bedenken dieser Art können Menschen derart blockieren, dass sie eine notwendige Kommunikation ewig vor sich herschieben. Die eigene Website wartet monatelang mit Blindtext im Entwurfsmodus; der Werbebrief an die Kundschaft wird so lange hinausgezögert, bis der Grund für die Werbung sich erledigt hat. Social Media Profile verkümmern; der Brief ans Amt harrt drohend auf dem Küchentisch seiner notwendigen Antwort und für Glückwünsche wird einfach eins dieser fertigen WhatsApp Bildchen genommen. Bloß nichts schreiben, es könnte peinlich werden.

Wer statt Vermeidung auf Lösung setzt und sich an einen Texter (m/w/d) zwecks Unterstützung wendet, grübelt oft unnötig lang, bis die Mail mit der Anfrage tatsächlich gesendet wird. Unnötige Sorgen ploppen im Hirn auf. Als würden Texter erwarten, dass jede Mail mit einer Anfrage so geschliffen, wortgewandt und brillant zu lesen ist wie ein Bestseller Buch. Hätten wir dann überhaupt eine Daseinsberechtigung? Ich habe überlegt, wie ich all jenen, denen es so geht, ganz überzeugend durch andere Beispiele beruhigen kann. Dies ist mir dazu eingefallen:

  • Ziehst du vor einem Frisörbesuch immer eine Mütze auf, damit bloß keiner deine außer Form geratene Frisur sehen kann? Wohl kaum. Jeder Frisör freut sich, wenn er dich noch hübscher machen kann.
  • Was ist mit dem Zahnarzt, der deine Zahnverfärbungen wegen zu viel Kaffee entfernen soll? Scham ist hier fehl am Platz, das ist unter anderem sein Job.
  • Wenn du stotterst, unterstützt dich eine Logopädin oder ein Sprachtherapeut mit Tipps, wie du leichter beim Sprechen nicht mehr außer Atem kommst.

Du siehst, worauf ich hinauswill:

Es gibt für jede Schwäche einen Menschen, der genau darin eine Stärke hat.

Menschen helfen Menschen. Was der eine gut kann, kann die andere nicht. Es gibt niemanden, der alles kann. Jeder Mensch braucht in bestimmten Dingen Hilfe und Unterstützung. Wenn es bei dir das Schreiben ist – wo ist das Problem? Dafür gibt es Menschen wie mich und viele andere. Und was mich betrifft, ist es mir zunächst völlig egal, um was es geht und wie viel Verbesserungspotential ich in deiner schriftlichen Anfrage an mich sehe. Wenn ich dich unterstützen kann, tue ich das von Herzen gern. Schreib mir einfach frei von der Leber weg. Du brauchst dich nicht schämen. Denn glaub mir:

Ich kann so viele Dinge nicht, dass ich vor lauter Scham rot wie eine Tomate durch die Gegend laufen müsste. Tue ich aber nicht. Außer, ich hab Sonnenbrand. Oder mal wieder einen Lachanfall gehabt, bei dem mir die Luft weggeblieben ist. Also so gesehen doch recht oft, ich lache nämlich sehr gern. Nur ganz gewiss nicht über dich. Mit dir hingegen furchtbar gern. Also: Trau dich und schreib mir.

Bildnachweis Canva

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