Künstlersozialkasse. Im Bild zwei Künstler bei einer sportlichen Hebefigur: Frau rollt sich über den Rücken des Mannes im Salto ab.

Künstlersozialkasse – Gut zu wissen

Die Künstlersozialkasse ist nicht allen ein Begriff. Sollte es aber – denn wer, wann und warum als Künstlerin oder Künstler einzustufen ist, ist wichtig.

Insbesondere Auftraggeber sind oft überrascht, wenn sie von der Künstlersozialkasse zur Kasse gebeten werden. In diesem Beitrag gehe ich kurz auf die Künstlersozialkasse ein und erkläre, warum ich (noch) kein Mitglied in ihr bin, meine Auftraggeberinnen und Auftraggeber aber dennoch zur Kasse gebeten werden können. Gut zu wissen!

Dieser Beitrag wurde inhaltlich überarbeitet am 06.02.2023 – siehe Fakten weiter unten.

Vorab und zur Klarstellung:

Die Künstlersozialkasse ist eine wichtige Einrichtung.

Sie sorgt dafür, dass selbständige Künstler und Publizisten einen ähnlichen Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung genießen wie Arbeitnehmende. Nicht erst seit Corona – aber seither deutlicher im Bewusstsein – geht es Kunstschaffenden im Vergleich zu Arbeitnehmenden ungleich schlechter. Sie sind für alles allein verantwortlich. Krankenkassenbeiträge, Renten- und Pflegeversicherung – alles ist allein von ihnen zu tragen. Das ist in guten Zeiten schon schwer genug; in schlechten Zeiten kippt die Situation ins Existenzbedrohende.

Die Künstlersozialkasse fängt dieses Ungleichgewicht auf.

“Sie ist selbst kein Leistungsträger, sondern sie koordiniert die Beitragsabführung für ihre Mitglieder zu einer Krankenversicherung freier Wahl und zur gesetzlichen Renten- und Pflegeversicherung. Selbständigen Künstlern und Publizisten steht der gesamte gesetzliche Leistungskatalog zu. Sie müssen dafür aber nur die Hälfte der jeweils fälligen Beiträge aus eigener Tasche zahlen, die KSK stockt die Beträge auf aus einem Zuschuss des Bundes (20 %) und aus Sozialabgaben von Unternehmen (30 %), die Kunst und Publizistik verwerten.”

https://www.kuenstlersozialkasse.de/

So weit, so gut; und so weit bin ich auch mit allem höchst einverstanden und zufrieden. Nicht zufrieden bin ich mit der Tatsache, wer, wie und warum die Bezeichnung “Künstler” und dessen Einstufung überhaupt vornimmt. Auf der Website der Künstlersozialkasse ist nachzulesen, “welche Branchen im weitesten Sinne darunter zu verstehen sind” und das auch, wenn sie “nur partiell in diesen Branchen tätig” sind. Allein diese Formulierung ist mir schon zu schwammig.

Es geht los mit von vermutlich allen glasklaren Branchen wie Theater, Orchester, Chöre, Kunsthändler, Museen, Zirkus und Varietéunternehmen. Es geht aber weiter mit “Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte”, und genau hier fängt es für mich und meine Texter-Kolleginnen und Kollegen an, interessant zu werden.

Wenn ich einen Text für einen Kunden schreibe – sagen wir einen Text für dessen Website – kann man sich nach meinem Empfinden trefflich darüber streiten, ob es sich hier um Kunst oder schlichtweg um Handwerk handelt. So geehrt ich mich auch fühle, wenn jemand meine Texte hin und wieder als “das ist wahre Kunst” bezeichnet, so wenig kann ich mich damit identifizieren. Nach meinem Verständnis ist ein Künstler frei in seiner Ausführung. Der grobe Rahmen steht – ein Bild, eine Skulptur, ein Song, eine Aufführung – die tatsächliche Umsetzung liegt in der Hand des Künstlers. Wenn ich von einem Künstler gemalt werden möchte, kann es passieren, dass mir nicht gefällt, was er oder sie daraus macht. Vielleicht gucke ich zu streng oder habe nie und nimmer so ungleiche Augen – was auch immer. Der Künstler hingegen “sieht” etwas besonderes an mir und bringt das in seinem Werk mitunter verstärkend zum Ausdruck. Damit muss ich leben. Das ist Kunst. Wenn ich das nicht will, gehe ich zum Fotografen. Wobei auch der tricksen kann. Ist das also auch Kunst? Du siehst, es ist nicht so einfach, eine klare Linie zu ziehen zwischen Kunst und Handwerk.

Bleiben wir beim Text – meinem Metier.

Wenn ich im Auftrag schreibe, habe ich eine bestimmte Vorgabe. Eine Botschaft soll transportiert, eine Geschichte erzählt, ein Produkt vorgestellt, ein Rückblick auf ein Ereignis geschildert werden, und so weiter und so fort. Ich bin ganz und gar nicht frei in dem, was der Text inhaltlich transportieren soll, lediglich im Ausdruck, Aufbau und Stil kann ich mich austoben. Das ist in meinen Augen schlichtweg Handwerk, nicht Kunst. So steht es auch in meiner Gewerbeanmeldung. Dienstleisterin. Nicht Künstlerin.

Die Künstlersozialkasse sieht das anders.

Als ein Kunde von mir nachfragte, ob er für die Dienste, die er von mir in Anspruch nimmt, Abgaben für diese Kasse zu leisten hätte, ergab die prompte Antwort: Ja. Und das, obwohl ich überhaupt kein Mitglied in der Künstlersozialkasse bin und keinen einzigen Cent Unterstützung bekomme. Das finde ich schlichtweg empörend. Es sind lächerlich geringe Beiträge, über die es hier im konkreten Fall ging, aber hier geht`s mir ums Prinzip. Warum darf eine Institution mich als Künstlerin einstufen, wenn ich selbst das weder in meiner beruflichen Gewerbeanmeldung bin, noch mich als solche fühle oder nach außen darstelle? Das bringt mein Blut in Wallung.

Dieser Beitrag soll auf diesen Umstand aufmerksam machen. Inspiriert wurde ich durch eine Diskussion mit Kourosh Ghaffari, der das ähnlich sieht und mir Mut machte, das einmal deutlich auszusprechen. Zum Wohle aller Auftraggebenden. Damit sie wissen, was auf sie zukommen kann. Das gilt für alle Texte, mit denen durch Verwertung ein potentiell möglicher Gewinn beabsichtigt wurde. In diesen Fällen ist das derzeit Fakt:

  • Es besteht eine gesetzliche Pflicht zur Meldung bei der KSK
  • Die Verantwortung liegt beim Auftraggebenden und wird in der Regel von dessen Steuerbüro bearbeitet
  • Die Künstlersozialabgabe betrug ab 2018 4,2 und stieg zum 01. Januar 2023 auf 5 Prozent vom Nettobetrag des Kunstschaffenden.
  • Keine Abgabe wird fällig bei Einhaltung der Bagatellgrenze von € 450,- im Jahr.
  • Ob meine Arbeit für dich unter den Begriff “Kunst” fällt, ist Ansichtssache und von mir nicht beeinflussbar. Bitte berate dich mit deinem Steuerbüro.

Im Übrigen kenne ich viele Kolleginnen und Kollegen, die von Herzen gern Mitglied in der Künstlersozialkasse sind. Nicht vorrangig, weil sie sich als Künstler betrachten, sondern vor allem, weil sie sparen. Pragmatismus statt Ideologie. Völlig in Ordnung. Aber aussprechen darf man – ich – das doch auch einmal so unverblümt, oder? Danke fürs Mut machen, Kourosh.

Bildnachweis Robert Collins via unsplash

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen