Was ich an dir mag – Tipp für ein besseres Miteinander
Wieder war es meine ehemalige Chefin – Iris Geyer – die mich in einem ihrer Seminare an den Rand der Verzweiflung trieb, und sich erst im Nachhinein eine tiefe Dankbarkeit einstellte. Ihren Impuls: “Was ich an dir mag – Tipp für ein besseres Miteinander” teile ich hier gern mit dir.
Iris hat in ihren Seminaren gern ihr Wissen geteilt. Es ging durchaus nicht nur um ihr Thema Wasserbetten, sondern meistens um zwischenmenschliche Themen. Um Kommunikation, Körpersprache, Persönlichkeitstypen und dergleichen mehr. Wissen also, das den Teilnehmenden nicht nur in ihrem jeweiligen Job nützlich war, sondern sich auch auf jede andere Lebenssituation anwenden ließ. Kein Wunder, dass ihre Seminare stets ausgebucht waren …
In meinem ersten Seminar mit Iris saß ich erwartungsvoll mit elf anderen Menschen in einem Raum. Zwei der Anwesenden kannte ich, die anderen waren mir fremd. Iris kam, und bat uns aufzustehen. Sie erklärte, wir würden mit einem Spiel beginnen. Einer nach dem anderen solle vor die Reihe treten und jedem Gegenüber drei Sachen erzählen, die er oder sie am Gegenüber mag. Am Ende der Reihe stelle man sich an den Schluss, und der Nächste würde vor die Reihe treten – das Spiel begänne erneut. Schlussendlich habe dann jede Person allen anderen drei Sachen erzählt, die er oder sie am anderen mag.
Mir brach der kalte Schweiß aus. Was zur Hölle sollte das? Wie soll ich denn einem mir fremden Menschen ad hoc sagen können, was ich an ihm oder ihr mag? Und überhaupt! Vor anderen stehen und mit ihnen reden … davon war vor dem Seminar nie die Rede gewesen. Ich fühlte mich überrumpelt und komplett überfordert. Stumm nahm ich meinen Platz am hintersten Ende der Reihe ein. Wollte erstmal sehen, was und wie andere sich da verhalten.
Erstaunlicherweise ging es schneller, flüssiger und unverkrampfter zu als von mir erwartet. Es wurden Belanglosigkeiten erwähnt. Ein nettes Lächeln, tolle Schuhe, eine schicke Jacke, eine kecke Frisur. Kannten die Menschen sich zuvor schon, wurden auch persönlichere Dinge erwähnt. Deine Ehrlichkeit, dein Humor, deine Schlagfertigkeit, deine Wissbegierde. Als ich schließlich an die Reihe kam, fühlte ich mich etwas besser. Sah mein jeweiliges Gegenüber an und konnte spontan drei Dinge benennen. Mein persönlicher Ehrgeiz war, nichts von dem zu wiederholen, was bereits gefallen war. Immerhin hatte ich die meiste Zeit gehabt, um eigene Beobachtungen anzustellen. Und so mochte ich mal die Stimme, mal die aufrechte Körperhaltung. Den selbstbewussten Auftritt oder das sympathische Zögern. Es fiel mir immer leichter, und als ich vor einem annähernd zwei Meter großem Mann stand, meinen Kopf weit nach hinten legen musste, um ihn anzuschauen, platzte mir heraus: “Meine Güte! Hast du strahlende Augen!”
Letzten Endes spielte das tatsächlich Gesagte kaum eine Rolle.
Die Wirkung hingegen war phänomenal.
Eine Gruppe von einander fremden Menschen war zusammengewachsen. Ein Team geworden. Jeder und Jede fühlte sich wohl, zugehörig, nicht mehr fremd. Beste Voraussetzung für ein Seminar, in dem es um Konfliktbewältigung ging. Denn es ist so:
Denkst du beim Anblick eines dir fremden Menschen etwas positives über ihn, erzeugst du eine Schwingung, die besagter Mensch unbewusst spürt.
Als Beispiel kann ein Lächeln dienen, das du aussendest. Fast immer kommt eins zurück. Blickst du hingegen finster, kannst du kaum ein Lächeln erwarten. Wo ein Lächeln als sichtbarer Ausdruck eine Wirkung erzeugt, tun dies unsichtbar auch deine Worte. Sagst du etwas freundliches, ist dein Gegenüber dir wohlgesonnen. Und auch du selbst magst dein Gegenüber plötzlich mehr, wenn du dich auf positives konzentriert hast.
Nun musst du natürlich nicht bei deiner nächsten Versammlung oder einem Meeting allen Anwesenden laut erzählen, was du an ihnen magst. Es könnte bei dem einen oder anderen Verwirrung hervorrufen. Das Wunderbare allerdings ist:
Es funktioniert sogar, wenn du es nur denkst!
Seither nutze ich diese Erkenntnis immer dann, wenn ich an einer Veranstaltung teilnehmen muss und mich vor bestimmten Personen schon im Vorfeld fürchte. Weil sie mir so mächtig erscheinen, so arrogant auf mich wirken, oder ich mich ihnen gegenüber klein fühle. Sobald ich ihnen gedanklich drei Sachen erzählt habe, die ich an ihnen mag, löst sich meine Spannung und Furcht auf. Übrig bleibt ein wohliges Gefühl:
“Du bist ein Mensch. Wie ich. Was ich an dir mag …”
Viele grandiose Erkenntnisse beim Ausprobieren – wenn du magst.
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