Bücher, die mich begeistert haben. Mein Buchtipp 32 – Töchter von Lucy Fricke
Den Film kenne ich nicht, werde ihn mir auch nicht ansehen; aber nicht etwa, weil das Buch so schlecht war, sondern im Gegenteil: Der Film kann unmöglich besser werden als das Buch. Diese Erfahrung habe ich schon so oft gemacht und deswegen lege ich euch – sofern ihr den Film noch nicht kennt – dieses Buch ans Herz: Töchter von Lucy Fricke.
Klappentext zum Buch
Freundschaft, Väter und das Leben mit Vierzig. Mit hinreißendem, messerscharfem Humor und einer perfekten Balance aus Leichtigkeit und Tiefsinn zugleich erzählt die deutsche Autorin von Frauen in der Mitte ihres Lebens, von Abschieden, die niemandem erspart bleiben, und von Vätern, die zu früh verschwinden. Die Freundinnen Martha und Betty aus Berlin brechen auf zu einer Reise in die Schweiz. Sie haben einen todkranken Vater auf der Rückbank, der sterben möchte. Doch das Leben endet noch nicht. Denn manchmal muss man einfach durchbrettern. Auch wenn einem das Unglück von hinten auf die Stoßstange rückt. Bis nach Griechenland, immer tiefer hinein in die Abgründe der eigenen Geschichte.
Meine Eindrücke vom Buch: Töchter von Lucy Fricke
Beim Lesen machte ich einen kleinen Zeitsprung in meine 40er und erinnerte mich an diese verzweifelte Suche. Nach einem selbst, dem Verständnis für die Vergangenheit, der Ungewissheit über die Zukunft, dem Gefühl, völlig fehl am Platz zu sein und nirgendwo Halt zu finden. Außer bei der besten Freundin. Martha und Betty sind durchaus nicht immer ein Herz und eine Seele, aber immer füreinander da. Besonders, wenn es um die eigenen Eltern geht. Die Mütter, zu denen viele Töchter ein ambivalentes Verhältnis haben. Die Väter, entweder abwesend oder als gottähnliches Wesen verehrt. Das Bild, das Töchter von ihren Eltern haben und das niemals stimmt. Manchmal ist die Entdeckung der Wahrheit schmerzhaft, manchmal pure Erleichterung. Dumme Mütter werden zu unsicheren Personen, denen unser ganzes Mitgefühl gilt. Gottähnliche Väter werden zu normalen menschlichen Wesen mit Fehlern und Schwächen. Töchter sollen um jeden Preis von Schmerz und Leid verschont werden und auch das klappt selten.
Obwohl im Buch viel von Abschieden und Verlusten die Rede ist, ist der Grundton humorvoll und es darf auch gelacht werden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit 40 auch darüber gelacht hätte, aber mit ein bisschen Abstand weiß ich: Es wird besser, viel besser. Was auch immer für ambivalente Gefühle einen festhalten – es geht vorbei und an ihre Stelle tritt ein tiefes Verständnis. Und Dankbarkeit. Eine Tochter zu sein ist nicht leicht. Schade, dass Eltern es nicht mehr erleben können, wenn es für die Töchter leichter wird, denn so bitter das auch klingt:
Manche werden erst erwachsen, wenn die Eltern gestorben sind.
Das meine ich keineswegs respektlos oder freue mich gar darüber. Im Gegenteil. Ich wünschte, es wäre nicht so. Nur hängen wir eben alle in einer Art Rolle fest. Die Eltern in ihrer, für sie bleibst du immer Kind, ganz gleich, wie alt du bist. Und andersrum ist es genauso, du bist ihr Kind (und benimmst dich oft genug auch so). Erst später, wenn es keinen Sinn mehr macht, lernst du, nicht mehr wie ein Kind zu reagieren. Du musst es. Es ist niemand mehr da, der es versteht …
Über die Autorin
Lucy Fricke ist eine deutsche Autorin, die noch vor dem Ende ihres Studiums mit einer Kurzgeschichte den ersten Preis beim Open-Mike-Wettbewerb für junge Literatur gewann. Die Tatsache, dass sie anfangs vor allem an zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen als Script/Continuity mitwirkte, ist womöglich ausschlaggebend für ihren fulminanten Schreibstil, der das Lesen ihres Buches fast zu einem 3-D-Erlebnis werden lässt.
Bildnachweis Lizenz erteilt von Rowohlt Verlag