So schnell wie der Blitz treffen sie hart: Vorschnelle Urteile
Wie schnell sind wir doch manchmal mit unserem Urteil über andere Menschen. Die Nachbarin, die uns nicht grüßt, diese doofe Nuss. Meint wohl, sie wäre was Besseres. Der Autofahrer, der beim grün der Ampel nicht in die Pötte kommt und vor sich hinträumt. Aufwachen Mann, hat ja nicht jeder so viel Zeit wie du. Der Kollege, der eine Verabredung nicht einhält und sich noch nicht einmal meldet. Na, der kann mich mal kreuzweise. Vorschnelle Urteile sind schnell gefällt.
So oft liegen wir mit unserer Einschätzung der Situation allerdings völlig daneben. Die Nachbarin ist auf dem Weg zur Arbeit und hat heute ein Gespräch mit ihrem Chef. Voller Angst vor einer Kündigung kreisen ihre Gedanken um die Zukunft. Ihre Umwelt nimmt sie nicht wahr. Der Autofahrer hat trotz seiner Medikamente eine kleine Panikattacke und bemüht sich, mit Hilfe seiner Atmung wieder handlungsfähig zu werden. Nur noch ein paar Atemzüge, dann geht es bestimmt wieder. Der Kollege musste sein Kind ins Krankenhaus bringen, nachdem es von der Schaukel gefallen und sich am Kopf böse verletzt hat. Vor lauter Sorge um sein Kind hat er alles andere völlig vergessen.
Wir schauen einem Menschen immer nur vor den Kopf, nicht hinein. Und trotzdem glauben wir zu wissen, warum jemand sich so benimmt, wie er es gerade tut. Gleichzeitig erwarten wir von unserer Umwelt, dass sie unsere Handlungsweisen jederzeit komplett nachvollziehen können. Allein aus dem Grund, weil sie für uns so logisch sind. Denkt man darüber nach wird klar, wie paradox das ist.
Wenn wir von unserer Umwelt Verständnis erwarten, ist es ein erster Schritt, selbst verständnisvoller mit seiner Umwelt umzugehen. Und dazu gehört auch, mit seinen eigenen Urteilen etwas weniger vorschnell zu sein. Verständnis kommt von verstehen. Erst wenn wir etwas wirklich verstanden haben, können wir Verständnis zeigen.
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