Bücher, die mich begeistert haben. Mein Buchtipp 31 – Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden.
Was für ein Titel! Da steckt ja schon die halbe Geschichte drin, so mein erster Gedanke. Als ich dann allerdings erfuhr, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt und besagter Inder mit besagter Schwedin seit über 35 Jahren glücklich verheiratet ist – ja, da war es um mich geschehen und ich musste dieses Buch einfach lesen: Vom Inder, der mit dem Fahrrad … ihr wisst schon. Das Leben schreibt eindeutig die besten Geschichten, ich wusste es schon immer.
Klappentext zum Buch
Pikay – unser Protagonist aus dem Buch – ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und verdient etwas Geld als Straßenkünstler durch Portraitzeichnungen. Dort, an seiner Staffelei, lernt er eines Tages Lotta kennen. Beide haben das Gefühl, als hätten sie sich seit Anbeginn der Zeiten gesucht und nun endlich gefunden. Als Lotta wieder in ihre Heimat Schweden zurückfährt beschließt Pikay, alles auf eine Karte zu setzen und ihr nachzureisen. Mit dem Fahrrad, weil anderes seine finanziellen Verhältnisse nicht zulassen. 7000 km von Asien nach Europa mit dem Fahrrad – von diesem verrückten Trip erzählt das Buch. Und noch viel mehr …
Meine Eindrücke vom Buch: Vom Inder, der mit dem Fahrrad …
Indien, so fern, so anders. Dort sind Menschen “ungefähr zehn, um die vierzig, bald siebzig oder ganz einfach jung, mitten im Leben oder sehr alt.” Auch Pikay weiß nicht, wie alt genau er ist, es schert ihn auch nicht. Er wurde in die niedrigste aller Kasten hineingeboren, ist als Unberührbarer das, was man wohl als “Abschaum der Menschheit” bezeichnen würde. Er wird bespuckt und mit Steinen beworfen, muss anderen aus dem Weg gehen, damit er sie mit der gemeinsam geatmeten Luft nicht verpestet. Es ist unglaublich.
Auch als Gesetze erlassen wurden, die ein Ende der Diskriminierung hätten bedeuten können, änderte sich nicht viel, denn “Gesetze nützen nur dann etwas, wenn auch danach gelebt wird.” Durch Zufall entdeckt Pikay sein zeichnerisches Talent. Er kann binnen Minuten die Mimik eines jeden Menschen zeichnerisch festhalten und bringt mit seinen Skizzen – zu Anfang mit Holzkohle bemalte Steine – alle zum Lachen. Später bieten ihm Menschen (Touristen) sogar Geld für seine Zeichnungen an, mittlerweile auf Papier. Pikay portraitiert Indira Ghandi und speist mit Premierministern, schläft allerdings nur kurze Zeit später wieder in Pappkartons unter einer Brücke. Sein Leben ist mal leicht und beschwingt, dann wieder bitter und schwer. Es ist unglaublich.
Als er Lotta kennenlernt, scheint sich die Prophezeiung angesichts seiner Geburt zu erfüllen. Pikay lernt durch Lotta die Kraft des Verzeihens, die Macht der Liebe, die Wucht der Zweifel, die unstillbare Sehnsucht nach einander. Ohne die geringste Ahnung von Entfernung, Geographie oder möglicher Hindernisse macht er sich per Fahrrad auf den Weg nach Schweden, um Lotta – die zwischenzeitlich wieder dort ist und ihn bald besuchen will – zuvorzukommen. Denn was, wenn sie es sich anders überlegt? Das kann Pikay keineswegs riskieren. Es ist unglaublich.
Eine Reise von Indien über Pakistan, Afghanistan, Iran, Türkei. Von dort mit einer geschenkten Zugfahrkarte nach Wien (ein Mädchen hatte sich in ihn verliebt, aber er sich nicht in sie) und von – wieder mit geschenkten Fahrkarten (Pikay hat und findet überall Freunde) – nach Passau, München, Hamburg, Puttgarden, Rödby, Kopenhagen, Helsingborg, Göteborg und endlich nach Borås, Lottos Heimatort. Es ist unglaublich.
Unglaublich auch, was selbst Europäer Pikay als Warnung mit auf den Weg geben:
Pikay, du bist ein guter Mensch, du machst Menschen gut. Aber du kennst Europa nicht. In Europa ist die Mitmenschlichkeit ein aussterbendes Gut. In Europa werden die Taten der Menschen von Angst und nicht von Liebe gesteuert.”
Unglaublich, dass du alles glauben kannst, was in diesem Buch steht, denn es ist eine wahre Geschichte. Und ich wünsche mir, dass wir auch in Europa von Liebe gesteuert werden. Das Lesen dieses Buches könnte dazu beitragen.
Über den Autor
Per J. Andersson ist ein schwedischer Journalist und Reiseschriftsteller. Er veröffentlichte als einer der ersten einen Artikel über Pikays Reise in einer Zeitschrift, die dann so populär wurde, dass er sich entschied, das Buch vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden, zu schreiben. Zum Glück für uns alle.
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