Die drei Affen kennen wir alle. Ein Schneemann hat von ihnen gelernt.
Einer hält sich die Augen zu, der zweite die Ohren und der dritte den Mund. Die drei Affen kennen wir alle und deuten sie frei nach Konfuzius mit “nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.” Wobei mit “nichts” im Allgemeinen “nichts Böses” gemeint ist. Auch mein Schneemann hat weder Augen, noch Ohren oder einen Mund. Was er im Gegensatz zu den drei Affen damit ausdrücken soll, kannst du hier nachlesen. Mögen sie dich inspirieren, meine Gedanken zu: “Drei Affen oder ein Schneemann.”
Schneemann ohne Augen
“Was nicht dem Gesetz der Schönheit (im Sinne von angemessenem Verhalten) entspricht, darauf schaue nicht.” So die Aussage des Affen, der sich die Augen zuhält. Unabhängig von der unterschiedlichen Auslegung dieser Aussage, die von “weise über Schlechtes hinwegsehen” bis hin zu “mangelnde Zivilcourage” reichen kann, findet mein Schneemann, dass du sehr wohl überall hinschauen, aber nicht zu schnell urteilen solltest. Was du siehst, ist immer nur eine Momentaufnahme, nie das ganze Bild. Nehmen wir ein Beispiel:
Eine Frau zieht ein Kind, das auf dem Boden sitzt, etwas unwirsch hoch. Wie kann sie so grob sein? Richtig wütend sieht sie aus! Eine Rabenmutter, ganz bestimmt. Was du hingegen nicht gesehen hast, ist alles, was vorher geschah. Das Kind befindet sich im Trotzalter und betrachtet das Ganze als Spiel. Es sitzt bereits zum 38. Mal auf dem Boden und hindert seine Mutter am Vorankommen. Diese hat aber soeben am Telefon erfahren, dass ihr Ehemann einen schweren Verkehrsunfall hatte und sie bitte zu ihm ins Krankenhaus kommen möge. Um das Kind nicht zu beunruhigen, verschweigt sie das und treibt lediglich zur Eile an. Was du als Wut interpretiert hast, war lediglich Verzweiflung. Schau genau hin und urteile nie sofort …
Schneemann ohne Ohren
“Was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, darauf höre nicht.” So die Aussage des Affen, der sich die Ohren zuhält. Woher aber willst du wissen, dass du wirklich das hörst, was dein Gegenüber tatsächlich gemeint hat? Worte können täuschen. Mein Schneemann weiß, dass manche Menschen sich nicht besonders gut ausdrücken können. Er weiß auch, dass wir oft genug nur hören, was wir hören wollen und weniger das, was tatsächlich gesagt wurde. Wie viele Missverständnisse resultieren aus dieser Tatsache? Wie viele Verletzungen, wie viel unnötiger Streit? Dabei wäre es so einfach: Hör genau hin und frage nach …
Schneemann ohne Mund
“Was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, davon rede nicht.” So die Aussage des Affen, der sich den Mund zuhält. Eine schöne Vorstellung, wenn alle nur noch achtsam und wertschätzend miteinander kommunizieren. Was aber, wenn du Zeuge oder Zeugin von etwas wirklich Bösem bist? Und tun wir bitte nicht so, als gäbe es das nicht. Mein Schneemann findet, dass in solchen Situationen durchaus Klartext angebracht ist und klare Worte können scharf wie ein Messer sein. Und wie ein solches schmerzen. Schön ist das sicher nicht, nötig nach Ansicht meines Schneemanns in bestimmten Situationen durchaus. Rede genau und trau dich in der Not, auch Unschönes auszusprechen …
Mein Schneemann hat …
… weder Augen, noch Ohren oder einen Mund, dabei will er doch gerade darauf aufmerksam machen, diese weit zu öffnen, statt sie zu verschließen. Ist das dann nicht unlogisch? Nicht, wenn es nach mir geht. Wenn Augen, Ohren und Mund täuschen können, sind sie möglicherweise nicht so wichtig wie ein anderes Organ. Auch das hat weder Augen, Ohren oder Mund und ist trotzdem in der Lage, besser zu sehen, zu hören und zu reden: Unser Herz. Auch mein Schneemann hat ein Herz, du siehst es nur nicht.
Sichtbar hingegen ist der Hut auf seinem Kopf. Es ist der Hut meines vor Jahrzehnten verstorbenen Vaters. Als sichtbare Erinnerung, dass der Tod zwar das physische Ende sein mag, nicht aber das Ende der Liebe. Wenn wir uns also unsterblich machen wollen, wäre Liebe eine gute Wahl. So zu leben und miteinander umzugehen, dass alles, was gesehen, gehört und gesagt wurde, naturgemäß verblasst, nur das Gefühl der Liebe nicht.
Der Schal, den mein Schneemann zusätzlich trägt, war einmal über zwei Meter lang und flauschig weich. Bis ich ihn gedankenlos bei zu hoher Temperatur gewaschen habe. Er erinnert mich daran, dass Fehler passieren und menschlich sind. Manchmal kann der Fehler wiedergutgemacht werden, manchmal nicht. Aber immerhin bietet er die Chance auf einen nachhaltigen Lerneffekt und ist so gesehen doch zu etwas gut. Seien wir etwas nachsichtiger. Mit anderen, aber auch mit uns selbst.
Vielleicht inspiriert dich der eine oder andere Gedanke zu meinem Schneemann und du möchtest ihn gern so in Erinnerung behalten, wie die drei Affen es schon geschafft haben. In dem Fall speichere dir den Beitrag gern oder teile ihn weiter.
Bildnachweis Canva