Buchtipp 19 - Blogger Peter Meisen

Buchtipp 19 – Opa erzähl doch mal – Ein Blog, der mich verzaubert hat

Bücher, die mich begeistert haben. Mein Buchtipp 19 – Opa erzähl doch mal – Ein Blog, der mich verzaubert hat.

Ein Blog als Buchtipp? Meine ich das ernst? Auf jeden Fall. Denn wenn auch die Lebensgeschichte von Peter Meisen nur für seine Familie zu einem “echten Buch” wurde, so ist mein Buchtipp 19 – Opa erzähl doch mal – als Blog für alle im Internet zu lesen. Nachdem ich darauf aufmerksam wurde, habe ich mich restlos in den Blog verliebt und bin vier Tage komplett untergetaucht. Habe alle mittlerweile 143 Berichte schön chronologisch beginnend mit dem ersten gelesen. Bin eingetaucht in eine Welt, die noch für meine Eltern und erst recht für meine Großeltern Realität war. Der Unterschied zu heute war so krass, dass ich nicht hin und her wechseln konnte und einfach in dieser anderen Welt versunken bin.

Peter Meisen wurde im August 1922 geboren und war 2012 im stolzen Alter von 90 Jahren noch so fit im Kopf, dass seine Kinder beschlossen:

“Papa, du bist so klar im Kopf, wir helfen dir, dass du mit der Zeit und dem Zeitgeschehen mithalten kannst. Wir wollen dich ins Internet einweihen.” Ich dachte, wie soll das alles gehen? Zuerst wurde bei mir zu Hause WLAN installiert. Dann schenkten sie mir ein iPad, und ich bekam eine E-Mail Adresse. Später bekam ich dann noch die ausgemusterten Handys der Enkelkinder (aktuell iPhone5), so dass ich jetzt auch bei WhatsApp dabei sein kann. Das waren doch bis dahin für mich nur böhmische Dörfer, und ich hatte mich auch nicht für so etwas interessiert.

Peter Meisen – Auszug aus seinem Blog

Dieser für mich schon unfassbar tolle Anfang wurde vier Jahre später noch getoppt, denn “Opa Peter Meisen” begann einen Blog zu schreiben. Mit der Hand zu schreiben fiel ihm schwer, aber auf dem iPad tippen ging noch sehr gut. Und so begann er, aus seinem Leben zu erzählen, beginnend in den Jahren 1925 aufwärts. Die ersten Berichte las ich still, und weil Opa offensichtlich an Feedback interessiert war, beschloss ich, jeden Bericht sichtbar zu liken, und hin und wieder auch einen Kommentar zu hinterlassen.

Da flatterte eine Mail in mein Postfach:

“Guten Tag Frau Krömer,

nicht wundern, ich bin der Sohn des 100-jährigen, der dessen Blog verwaltet. Ich stelle fest, dass Sie eine der eifrigsten Leserinnen der Artikel meines Vaters sind, denn bei jedem Like, den Sie abgeben, erhalte ich eine E-Mail Benachrichtigung.”

Albert Meisen

Daraufhin bekam ich eine noch tiefere Verbindung zum Blog, denn von Albert wusste ich zu diesem Zeitpunkt schon, dass er sich als kleiner Bub auf Rollschuhen hinter einen Güllewagen gehängt hatte und während der schnellen Fahrt von Kopf bis Fuß mit Jauche besprüht wurde. Geschichten verbinden … Ich fragte ihn, ob ich ein paar Fotos haben könne, denn ich wolle in meinem Blog unbedingt vom Blog seines Vaters berichten. Das Ergebnis seht ihr hier.

Das zauberhafte Foto zeigt Peter Meisen mit seiner Enkelin Laura Ende Januar 2023.

Ich möchte hier auch gar nicht mehr über den Inhalt aus dem Blog “Opa erzähl doch mal” erzählen, die Bühne gehört dem 100-jährigen Blogger Peter Meisen ganz allein. Der letzte Beitrag ist übrigens vom 06. Februar 2023.

Drei für mich bemerkenswerte Erkenntnisse ausgenommen:

  • Mit 95 Jahren noch freiwillig einen FahrFitnessCheck beim ADAC zu machen, um die eigenen Fahrfertigkeiten beim Autofahren neutral beurteilen zu lassen, ist enorm verantwortungsbewusst und verdient meinen tiefen Respekt. Die erteilte Urkunde zur bestandenen Prüfung ist da nur noch das Sahnehäubchen.
  • Wer seit 1948 mit Überzeugung “Ilja Rogoff” Tabletten zu sich nimmt, reagiert verständlicherweise verstört, wenn diese 2018 vom Markt genommen werden. Opa Peter Meisen wäre aber nicht der, der er zeit seines Lebens war, dies einfach so hinzunehmen. Durch persönliche Kontaktaufnahme mit der Bayer Vital Vertriebsleitung konnte er nicht nur erreichen, dass sämtliche Apotheken in Opas Umfeld befragt wurden, ob sie noch Tabletten vorrätig haben – nein, es wurde sogar eine Neuauflage der offensichtlich so beliebten Tabletten vollzogen. Ich habe gegoogelt, es gibt sie wirklich zu kaufen. Wobei Opa Meisen sich vorsorglich mit mehreren Packungen eingedeckt hat. Wer kann es ihm verdenken? Sich mit fast 96 Jahren noch wehren? Fantastisch!
  • Seit August 2022 benutzt der Autor nun diese Anrede: “Guten Morgen, meine lieben Blogger-Freunde.” Mit 100 Jahren noch so flexibel zu sein, sich eine neue Art der Kommunikation anzugewöhnen … Ich weiß nicht, ob ich einmal dazu in der Lage bin, und mache mir im Stillen meine Gedanken über manchen “Starrsinn”, der deutlich jüngere Menschen befallen hat.

Ich hatte Gänsehaut, als ich diese Zeilen im Blog las:

Denn sie hängen auch bei mir an der Wand. Über wie viele Jahre diese Zeilen nun schon Menschen Trost spenden …

Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist was es ist, sagt die Liebe. Es ist Unglück, sagt die Berechnung. Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst. Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist was es ist, sagt die Liebe. Es ist lächerlich, sagt der Stolz. Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist was es ist, sagt die Liebe.

aus dem Blog “Opa erzähl doch mal” von Peter Meisen, Original von Erich Fried.

Über den 100-jährigen Blogger wurde mittlerweile auch im Fernsehen berichtet. Unter diesem Link sind die Fernsehbeiträge und ein paar Zeitungsartikel zusammengefasst abrufbar:

https://www.icloud.com/sharedalbum/de-de/#B0SG9Gd2NGRlkEl

Insbesondere der erst am 03. Februar 2023 auf Servus TV ausgestrahlte Bericht hat mich zutiefst berührt. Ich weiß gar nicht, was ich Peter Meisen wünschen soll. Noch viele weitere schöne Lebensjahre oder doch ein baldiges Wiedersehen mit all denen, die vor ihm gegangen sind? Um es im Sinne von Peter Meisen zu sagen: “Es kommt, wie und wann es kommen wird, und es wird richtig sein.” Darauf vertraue auch ich.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Albert Meisen

4 Kommentare zu „Buchtipp 19 – Opa erzähl doch mal – Ein Blog, der mich verzaubert hat“

    1. Danke für deinen Kommentar, liebe Mim. Mir geht es ähnlich wie dir, insbesondere bei der Wissbegier, wie wir (die Menschen) in ein paar Jahrzehnten überhaupt noch kommunizieren. Hauptsache – miteinander 😉
      Liebe Grüße, Sabine

  1. Nicht Zitate von jemandem der mal gesagt hatte, sondern jemand, der sagt. Wir suchen so sehr nach lebendiger Geschichte und hier findet sich geschichtliches Leben. Ich wollte ja gar nicht lesen, jetzt lese ich. Du hast verführt, entführt. Wertvoller Tipp, danke!

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